Herausforderungen und Lösungen: Mein Weg zur CO2-Reduktion mit enerjoy

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In diesem Gastbeitrag beschreibt Christoph J. Rohland, wie die enerjoy-App ihm geholfen hat, bewusster mit seinem Konsum und seiner CO2-Bilanz umzugehen. Er hinterfragt zusätzlich die weit verbreitete Idee der CO2-Kompensation und setzt stattdessen auf individuelle, alltägliche Massnahmen. Dieser Erfahrungsbericht gibt durch seine kritische, aber zugleich motivierende Perspektive interessante Denkanstösse sowohl für Eco-Heros als auch für Eco-Starter. Viel Spass beim Lesen!

enerjoy mit Fussabdruck und Challenges


Wie wichtig das Berechnen und Schätzen des eigenen Emissionsverbrauchs ist, zeigt enerjoy mit ihrer App. Der Mobilbenützende kann die Werte seines ökologischen Fussabdrucks, aufgeteilt in die vier Bereiche Konsum, Energie & Wohnen, Mobilität und Ernährung, genau erfassen und mit Durchschnittswerten vergleichen. So findet jede und jeder, der sich über sein Umweltverhalten im Alltag Gedanken machen will, Zahlen seiner Belastung in kg CO2 pro Monat. Anhand von vorgeschlagenen «Challenges» werden dem Anwendenden zusätzlich konkrete Lösungsvorschläge gezeigt, wie er sich auch von bestimmten Konsumgewohnheiten verabschieden oder mindestens die verursachten Emissionen weiter herabsetzen kann. Das ist gut so.

CO2-Kompensation

Zum Ausgleich der noch verbleibenden Schadstoffe aus dem Fussabdruck bietet enerjoy die Möglichkeit, restliche CO2 Kilos aus der persönlichen Belastung mit Geld zu bezahlen, um sich damit eine Art CO2 Freipass für sein Gewissen zu erwerben.

Dieses reizvolle Angebot, welches auch andere Footprint Rechner weltweit vorschlagen, erweckt leider eine falsche Hoffnung; Wenn Menschen systematisch ihren Fussabdruck verringern wollen und dabei an ihre eigenen Belastungsgrenzen im Alltag stossen, dann sind zur CO2 Reduktion Investitionen als Kompensation hinderlich, weil sie uns glauben lassen, wir hätten mit dem geleisteten Investment CO2 verhindert oder reduziert. Aber das haben wir gar nicht; Auch bei Investitionen in seriöse Projekte wie Wind-, Solar- und Wasserkraft wird durch die Kompensationszahlung vielleicht die persönliche CO2 Belastung unserem Blickfeld etwas entzogen, aber die effektiv verursachten Emissionen bleiben unverändert und werden anderen Investoren zur Reduktion überlassen.

Doppelt ärgerlich sind eigentlich gut gemeinte Projekte wie die Aufforstung; So entsteht dabei oft ein bedauerliches Landgrabbing; Internationale Investoren kaufen Land. Nutzrechte für Kleinbauern und die Bevölkerung werden beschnitten und dann infolge ausländischen Kapitalinteressen erzwungenermassen umgesetzt. Auf lange Sicht akzentuieren wir damit Ungerechtigkeiten unter den Nationen und Fehlinvestitionen bestimmen weiter die globale Politik. Der Hunger unter Armen verschärft sich und erschwert den Erhalt der Biodiversität.  

Solange wir Treibhausgase ausstossen, können Bestrebung zur CO2 Kompensation die Welt nicht nachhaltig vor dem Kollaps retten. Die letzte Meile unseres eigenen Fussabdrucks ist nicht mit Geld zahlbar. Anstelle von CO2 Kompensationen gibt es die individuellen Aktionen, welche möglicherweise effektiver als Zahlungen sind.

Die Selbstreflektion

Besitz und Eigentum gehören seit jeher zu mir und haben mich zu dem gemacht was ich bin. Das entbindet mich aber nicht, über Verantwortung, Herkunft, Eigenschaft und Verwendungszweck meiner über die Jahre angeschafften Materialien nachzudenken. Warum sind mir Besitz und Eigentum so wichtig oder warum kann oder will ich auf diese Besitztümer nicht restlos verzichten? Mit Fragen an mich selbst zum Umgang mit Geld und zu eigen verursachten CO2 Emissionen habe ich herausgefunden, wie ich den eigenen Fussabdruck nochmals ohne grossen Verzicht oder CO2 Kompensation verringern kann.

Das eigene Handeln

Bei den vier enerjoy Kategorien fiel es mir leicht, Korrekturen meiner Budgets und Komfortziele anzustreben und umzusetzen.

Konsum: Auf zu viel Konsum oder verführerische Angebote im Markt lass ich mich nicht mehr ein, doch versuche ich, Lebensmittel vor Ort oder in der näheren Umgebung einzukaufen.

Energie & Wohnen: Das Eigenheim mit Garten wurde zunehmend zur Belastung infolge Alter und Erbgang, also weg damit. Jetzt lebe ich in Miete, benütze eine Wohnfläche von 87 m2, was für einen zwei Personen Haushalt auch eine optimierte Strom- und Heizkostenrechnung zur Folge hat.

Mobilität: Was die Mobilität betrifft, so ist mein Auto schon seit Jahren weg. Die Schweiz hat ein ausgezeichnetes öffentliches Verkehrsnetz. Für Strecken im lokalen Umfeld steht das Fahrrad oder für Wanderungen jederzeit zwei Füsse zur Verfügung.

Ernährung: In dieser Kategorie mache ich nicht gerne Abstriche, höchstens vielleicht bei der Menge, aber niemals bei der Qualität.

Das Berechnen und Schätzen meines Konsums hat mich auf diese Weise von einem CO2 Wert über einer Tonne auf 660 kg pro Monat gebracht. Und noch gibt es quasi Luft nach oben, denn mein Umgang mit Eigentum & Besitz ist in diesen Zahlen noch nicht enthalten. Mir wurde klar, dass beispielsweise der Besitz von Immobilien und Finanz Anlagen in Spar- und Pensionskassen noch nicht in diesen vier Kategorien erfasst sind, obwohl sie mehr als die Hälfte des persönlichen CO2-Fussabdrucks ausmachen können.

Die Kommunikation

Es hat sich gezeigt, dass Gespräche, das Produzieren von Videos, das Verfassen und das Lesen von Artikeln und Blogs für Umwelt Interessierte nicht nur inspirierend, sondern auch ansteckend ist, um die bestehenden Erkenntnisse miteinander zu diskutieren und die Werte zu überprüfen. Schon die Aktionen Selbstreflexion, eigenes Handeln und Kommunikation führen den enerjoy – Benützer:innen auf den sicheren Weg einer nachhaltigen Veränderung seiner selbst.

Das Kapital

Für eine Gesamtbewertung meines effektiven ökologischen Fussabdrucks braucht es noch eine weitere Dimension, damit der Umgang mit unserem Einkommen und Vermögen berücksichtigt wird und die Vor- und Nachteile von Eigentum & Besitz aufzeigt. Das ist die Kapital Seite. Sie ergänzt die 4 klassischen Bereiche: Konsum, Energie & Wohnen, Mobilität und Ernährung. Im Verhalten gegenüber Banken, Pensionskassen und Investitionen lässt sich berechnen, welche CO2 Belastung wir zulassen und ob wir bereit sind, Emissionen zu reduzieren. Alles was wir uns im Leben aneignen, erschaffen oder gekauft haben, hinterlässt weltweit schädliche Emissionsspuren, bereits verursacht in der Herstellung, der Produktion, durch den Transport, über den Handel und bis zum Verkauf der Güter.

Beim persönlichen ökologischen Fussabdruck könnten Kapital und Finanzen in die enerjoy App integriert werden. enerjoy würde den Umgang mit Eigentum & Besitz auf spielerische Art hinterfragen und es wäre den App Benützenden möglich, sich vom einen oder anderen Gegenstand bewusst zu trennen, weil einleuchtend argumentiert wird, wie belastend Eigentum und Besitz auf den Planeten einwirken.
Wie stark Eigentum & Besitz unseren ökologischen Fussabdruck beeinflussen, wird besonders verständlich, wenn wir uns von materiellen Gütern trennen wollen oder müssen. In der Wirtschaft spielt das Kapital und Finanzen eine tragende Rolle. Geld verkörpert Macht und niemand will sein angespartes Vermögen kampflos preisgeben, selbst im Wissen, dass unser Leben zeitlich befristet ist und weniger Geld- und Besitzstand das eigene Leben entlasten kann.

Das Geld im Einsatz als Zahlungsmittel belastet die Umwelt wenig. Vielmehr schädlich ist, wie wir damit umgehen. Banken, Versicherungen und Pensionskasse sind noch immer auf eine Maximalrendite ohne Bezug auf die Nachwelt ausgerichtet und vernachlässigen die moralische und ethische Maxime. Globale Finanzinstitute wie die SNB, UBS und andere auf Öl, Gas und Kohle ausgerichtete Investoren gehören zu Institutionen mit zweifelhaftem Ruf, wenn es um Umwelt und Geopolitik geht.

Fazit

Es gibt keine finanzielle Stabilität unter Menschen, wenn sie nicht durch die Klima- und Umweltstabilität gesichert ist. Die Kampagne Your choice matters—It’s time to Move the money (wedonthavetime.org) erklärt, wie Finanzmittel, die in die fossile Brennstoffindustrie investiert werden, in intelligentere und sauberere Investitionen für eine bessere Zukunft umgelenkt werden. Das ist auch mein nächster Schritt, um mit neuen Kräften meine weiteren individuellen Aktionen auszulösen.

Über den Autor

Christoph J. Rohland, geboren 1950, ist Umweltaktivist und Gründer des Hinwiler Umwelt Kreises. Mit seiner beruflichen Erfahrung im Detailhandel und in der Personalberatung engagiert er sich heute für Nachhaltigkeit und Bürgerbewegungen, um eine gerechtere Weltordnung zu fördern.

Christoph Rohland, www.climate-solution.org